Was ist der Grund, warum Englisch heute Bedeutung hat?
Englisch ist die Weltsprache. Das vereinte Europa verständigt sich größtenteils auf Englisch. Die Computer- und Wissenschaftssprache ist Englisch. Die Zukunft unserer Kinder liegt im europäischen Raum und möglicherweise werden auch Beziehungen auf internationaler Ebene eine Rolle spielen. Das haben viele Eltern erkannt und wollen ihre Kinder früh darauf vorbereiten. Das Interesse der Eltern an Englisch hat nun auch die Kinderbetreuung erreicht. Eltern wünschen sich Englisch "schon" in den frühen Jahren.
Was spricht dafür, in frühen Jahren den Kontakt zu einer Fremdsprache zu ermöglichen?
Zunächst einmal ist wichtig, festzustellen, dass sich Englisch im Schulalter und in jüngeren Jahren grundlegend unterscheidet: Ohne Notendruck, mit viel Neugier und ohne Angst, etwas falsch zu machen, gehen die Kinder unvoreingenommen an die neue Sprache heran. Und das lohnt sich zu nutzen, denn
• die sensible Phase für Spracherwerb liegt zwischen dem 7. Lebensmonat und dem 7. Lebensjahr, für die Phonetik zwischen dem 3. und dem 5. Lebensjahr. Danach ist das Erlernen einer akzentfreien Zweitsprache kaum mehr möglich.
• Kinder sind neugierig auf alles Fremde und gehen ohne Berührungsängste darauf zu. So schaffen sie erste Kontakte zu einer anderen Kultur.
• indem Spiele, Lieder und Reime in englischer Sprache einbezogen werden, lernen die Kinder die Sprache ihrem Entwicklungsstand entsprechend.
• Kinder lernen in dieser Phase schnell so viele Worte wie danach nie mehr.
• ihre ersten erlernten Worte können sie sofort in ihren Alltag einbauen: „Wann machen wir das wieder?“„Das nächste Mal!“ „Ah, next time ...!“
Kinder die früh eine zweite Sprache erlernen, haben es häufig im späteren Leben leichter, eine weitere Sprache zu lernen. Sie entwickeln eine Sprachbegabung und sprechen die zweite Sprache meist fließend. So sind Kinder die zweisprachig aufwachsen, meist in der Lage, eine dritte oder sogar vierte Sprache zu erlernen. Kinder, die also schon im Kindergartenalter mit Englisch in Verbindung kommen, lernen wesentlich mehr, als die eigentlichen Worte, für ihre Zukunft.
Der Sprachforscher Jürgen Meisel vom Sonderforschungsbereich Mehrsprachigkeit der Universität Hamburg wird in dem Artikel "You want some more Apfelmus?" (Süddeutsche Zeitung vom 16.04.2002) wie folgt zitiert: "Die optimale Phase, in der Kinder am besten die Grammatik und die Phonologie einer Sprache aufnehmen und erlernen, liegt vermutlich zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr. Mit zehn Jahren ist es auf jeden Fall zu spät".
Wolf Singer, Direktor des Max-Planck-Instituts für Hirnforschung, sagte in einem Vortrag im Juni 2001 in Frankfurt/Main: "Kommen wir zu den kognitiven Leistungen. Die Erstsprache wird mühelos erlernt, wenn die Interaktionen mit einer sprachkompetenten Umwelt im richtigen Zeitfenster erfolgen. Das Erlernen der Zweitsprache, die meist erst im Schulalter angeboten wird, ist sehr viel schwerer und verläuft ganz anders als bei der Erstsprache. Lernen erfolgt jetzt regelbasiert und unter Kontrolle des Bewusstseins. Entsprechend bilden sich unbewusst ablaufende Automatismen für die Decodierung und Produktion von Sprache nur noch unvollkommen aus. Die Zweitsprache erreicht selten die Perfektion der Erstsprache. Deren Akzent und Melodie prägen sich so stark ein, dass sie ein Leben lang begleiten und meist auch später erlernte Sprachen durchdringen". An anderer Stelle sagte Wolf Singer: "Kinder wollen sprechen und durchlaufen eine sensible Phase, in der sie Sprachkompetenz besonders schnell und mühelos erlangen. Hier könnte das frühe Angebot einer zweiten Sprache die Nutzung natürlicher Ressourcen ohne Überforderung optimieren". Das sind wissenschaftlich fundierte Argumente, die für ein frühes Angebot einer Zweitsprache sprechen. Dazu kommt die Beobachtung, dass sich Kinder in diesem Zeitraum der Fremdsprache in einer vertrauten und geschützten Umwelt, spontan, unbefangen und unbeschwert nähern und sich mit ihr auseinandersetzen können. Kinder, deren Talente beispielsweise eher in den Naturwissenschaften liegen, können mit frühem Englischunterricht eine Chance bekommen, die Sprache später genauso gut zu beherrschen wie ihre sprachlich begabteren Altersgenossen.
Mit dem Erwerb einer Fremdsprache bis zur Schulzeit zu warten ist unter diesem Gesichtspunkt betrachtet völlig falsch. In den meisten Bundesländern wartet man mit dem ersten Fremdsprachenunterricht sogar bis zur 3. Klasse - zu viel verschenkte Lernzeit, wenn man es recht bedenkt. Kinder, die aufgrund ihres Elternhauses mehrsprachig aufwachsen, beweisen immer wieder, wie viel sprachliches Potenzial vor allem in ganz jungen Jahren schon in ihnen steckt. Erwähnenswert ist auch, dass sich frühe Mehrsprachigkeit in der Regel positiv auf die gesamte kognitive Leistung eines Kindes auswirkt. Das liegt darin begründet, dass das Erlernen einer Fremdsprache die Synapsenbildung und Vernetzung im Hirn fördert. In Folge fällt den Kindern Denken und Lernen leichter, sie werden flexibler und kreativer. Dies wirkt sich natürlich auch positiv auf die späteren Schulfächer wie Mathematik aus. Die Befürchtung mancher Eltern, dass das frühe Englischlernen auf Kosten anderer Talente geht, ist somit unbegründet.